…oder warum Mehl nicht gleich Mehl ist ;)
Für die Hobbybäcker unter uns ist Mehl ja eine der wichtigsten Zutaten – Getreide/Mehl zählt nicht ohne Grund zu den Grundnahrungsmitteln.
Vor einiger Zeit wurde ich von der Rieper Mühle aus Südtirol angesprochen, ob ich nicht mal deren Mehle ausprobieren möchte. Als Foodblogger und begeisterter Bäcker sagt man da natürlich sofort ja! Ausprobieren! Backen! Darüber schreiben! Klingt doch toll! Pustekuchen! ;)
Also nicht, dass man mich jetzt hier falsch versteht – das geht jetzt weder gegen die Mühle, das Mehl noch den sehr netten Kontakt mit Rieper! Die Mehlsorten, die ich ausprobieren konnte, waren alle einwandfrei! Man bekommt dort die unterschiedlichsten Sorten, alles prima Qualität, zum Teil sogar Bio, wie das KAMUT® Khorasan Weizenmehl – davon hatte ich bis dato noch nicht mal was gehört :)
Klingt alles gut, oder? Was war dann so schlimm? Nun ja – man muss einfach feststellen (und sich selbst eingestehen), man hat sehr wenig Ahnung von der Materie! Und das ist schlimm! ;))
Klar kenn ich mich mit den grundlegenden Sachen aus – ich hatte in der Schule Koch- und Backunterricht… ja, ich war einer von zwei Jungs, der Kochen statt Handwerken gewählt hat und ich hab es nicht bereut! Den Technik kram konnte ich damals eh schon, weil ich viel gebastelt hab als Kind. Anyways – durch Schule, Backkurse, Bücher etc. weiss ich natürlich schon so einiges über Mehl, aber wenn man sich mal etwas mehr damit beschäftigt, dann kommt da einiges zusammen, das man eben noch nicht wusste! :)
Für meinen kleinen “Mehl Test” bzw. Recherche habe ich neben den Mehlen von Rieper noch ein paar andere besorgt – Bio und Billigsorten aus dem Supermarkt. Das Dilemma fängt schon bei den unterschiedlichen Typenbezeichnungen an. In Deutschland wird ja gerne alles DIN genormt – so auch das Mehl [VORSICHT: Jetzt könnte es langweilig werden]. Jede Sorte hat ihre Nummer – 405, 550, 1050 etc. – die Nummer ist hier ein Indiz für den Mineralstoffanteil im Mehl. Zur Typenbestimmung wird eine geringe Menge Mehl verbrannt – die verbleibenden (nichtbrennbaren) Bestandteile entsprechen im Wesentlichen der Mineralstoffmenge des Mehles, die dann die Nummer ergeben – belassen wir es mal bei dieser einfachen Erklärung ;)
Wenn man jetzt mal nach Italien bzw. Südtirol schaut, dann hat das Mehl dort wieder ganz andere Bezeichnungen: tipo 00, tipo 0, tipo 1 etc. – in der Schweiz ist es dann nochmal anders (Weissmehl, Halbweissmehl etc.), ebenso wie in Österreich (W480, W700 etc.) und wie im meinem Fall auch immer wichtig – die USA mit Bezeichnungen wie All-Purpose Flour, Brad Flour etc. Verwirrung an allen Ecken und Enden! Im Gegensatz zu Deutschland spielt in anderen Ländern oft der Proteinanteil im Mehl die Hauptrolle für die Typisierung – das macht das ganze nicht einfacher ;)
Jeder hat seine eigenen Bezeichnungen für die in den Ländern erhältlichen Mehlsorten – dort dann die entsprechende Sorte zu finden, die der anderen entspricht, kann man schon als kleine Wissenschaft bezeichnen ;)
Hier mal eine kleine (hoffentlich einigermaßen korrekte) Übersicht über die Bezeichnungen von Weizenmehlen.
Das ist jetzt nur eine kleine Übersicht über Weizenmehle – vollständige Richtigkeit nicht garantiert (wenn man sich bei Onkel Internet erkundigt, dann kommen da gelegentlich unterschiedliche Aussagen zustande). Für andere Getreidesorten gibt es solche Vergleiche natürlich auch noch… Wollte hier jetzt aber niemanden unnötig langweilen ;) Wer sich selbst noch mehr verwirren möchte, kann nochmal Begriffe wie “glatt” und “griffig” ( Feinheitsgrad der Mehle) mit in die Differenzierung reinnehmen, oder in den USA noch nach “self-rising flour” suchen – das ist dann nochmal ne ganz andere Nummer… ;)
Für mich selbst sind die Bezeichnungen und Verwendungen im Vergleich von Deutschland und den USA am wichtigsten, weil meine Rezepte hier oft auf Amerikanischen Rezepten basieren – ich liebe ja Cupcakes und den ganzen Süßkram aus den Staaten – da kommt man nicht drumrum deren Rezepte anpassen zu müssen, damit sie mit den Zutaten hier funktionieren (einer der Gründe, warum es diesen Blog hier überhaupt gibt). Als ich damals anfing Rezepte aus den USA anzupassen, hatte ich mir keine großen Gedanken gemacht – ich dachte das “all-purpose flour” entspricht unserem Standard 405er Mehl. Irgendwann musste ich feststellen, dass eigentlich das 550er damit gemeint ist :) Rückblickend kann ich jetzt nicht sagen, dass die gebackenen Sachen schlecht gewesen wären, weil ich das “falsche” Mehl genommen hatte. Ich habe dann ein paar mal getestet, ob es wirklich einen Unterschied macht – in den Meisten fällen tut es das nicht ;) Trotzdem sollte man sich vor dem Backen anschauen, was man da macht – manchmal macht es doch Sinn zu unterschiedlichen Mehlen zu greifen. Cupcakes werden werden nach meiner Erfahrung mit 405er immer prima – bei Muffins und Scones z.B. tendiere ich mittlerweile zu 550er, weil das die Textur verbessert finde ich… ist natürlich alles Ansichtssache – da heisst es ausprobieren, was einem selbst am Besten zusagt.
Hier mal eine kleine Übersicht, welches Mehl (nach Deutscher Standardisierung) für was am Besten geeignet ist:
Type 405
Wird auch Kuchenmehl, Weißmehl oder Auszugsmehl genannt. Der “Klassiker” unter den Mehlen und vielseitig einsetzbar. Es ist ein helles Mehl mit sehr guten Klebereigenschaften für feine Backwaren: Kuchen, Torten, Mürbeteige, Biskuitteige, Plätzchen oder auch zum Binden von Saucen.
Instantmehl Type 405
Instantmehl ist ein doppelgriffiges Mehl das etwas gröber gemahlen ist. Es nimmt mehr Flüssigkeit (langsamer) auf, klumpt weniger und ergibt einen elastischeren Teig. Gut geeignet für Strudel, Stollen, Käsekuchen, Pfannkuchen, Waffeln oder auch Knödel.
Type 550
Ebenfalls ein Allzweckmehl für helles Brot, Brötchen, Hefegebäck, Quark-Öl-Teige.
Type 812
Wird auch dunkles Brötchenmehl oder Brotmehl genannt. Eignet sich gut für helle oder dunkle Mischbrote.
Type 1050
Dieses dunklere Mehl enthält mehr Nährstoffe und schmeckt kräftiger und leicht nussig. Ideal für herzhafte Backwaren wie Pizza, Quiche oder dunkle Brote. Das Mehl braucht etwa zehn Prozent mehr Flüssigkeit als andere Mehlsorten.
Type 1600
Diese Mehl eignet sich für kräftige, dunkle Brote.
Weizenvollkornmehl
Vollkornmehl wird aus dem ganzen Weizenkorn gemahlen und enthält alle natürlichen Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe. Es ist fester und trockener als andere Weizenmehle und braucht beim Backen mehr Flüssigkeit. Eignet sich gut für Brot und Brötchen.
Mehl sollte immer kühl, trocken und dunkel gelagert werden. Am Besten lässt man die Mehle in ihren Papiertüten oder nimmt (noch besser) gut schließbare Gläser. Originalverpackt bleiben Weizenmehle wie Type 405 und 550 bis zu eineinhalb Jahre backfähig. Dunklere Mehle halten sich maximal 15 Monate, Vollkornmehle (mit Keimling und Randschichten) sechs bis zwölf Monate. Man sollte Mehle nicht zusammen mit Kaffee oder Gewürzen lagern, weil sie schnell Fremdgerüche annehmen. Auch im Küchenschrank über dem Herd ist ein schlechter Platz, weil das Mehl dann durch aufsteigende Dämpfe feucht werden kann.
Kann man testen, ob Mehl schlecht geworden ist? Kann man :) Verrührt man es mit kaltem Wasser und es riecht ranzig, dann sollte man es entsorgen.
Das war jetzt viel Info – ich hoffe ich konnte einige noch etwas “erleuchten” ;) Mir hat es auf jeden Fall einiges geholfen mich mit dem Thema mal etwas intensiver zu beschäftigen – auch wenn es recht lange gedauert hat. Internet, Magazine, Bücher – es gibt ja doch recht viel das man darüber lesen kann… Wenn man im Supermarkt nicht mehr so genau weiss, was man jetzt braucht – auf den meisten Verpackungen gibt’s ja Grundlegende Infos bzw. eine kleine Warenkunde aufgedruckt – ausser vielleicht bei Aldi, wo der übergroße Strichcode jegliche erklärende Texte unmöglich macht ;)
Na dann sag ich mal – fröhliches Backen allerseits!
Kleiner Nachtrag (auf Anfrage von Kristin):
“Self-rising flour” gibt es in Deutschland nicht (zumindest nicht dass ich wüsste) – es kommt aber in Amerikanischen Rezepten recht häufig vor (manchmal auch in Rezepten aus UK oder AU). Das ist Mehl, das mit Backpulver versetzt wurde und so schon von sich aus das Backtriebmittel mitbringt. Heisst in solchen Rezepten sind dann meist weniger Backpulver oder Natron mit drin – oder fallen ganz weg.
Man kann dieses Mehl hier zwar nicht kaufen, kann es sich aber ganz einfach selbst mischen. Man nimmt einen Cup Mehl – das sind 130g Mehl (Type 405) und mischt das mit 1 1/2 TL Backpulver und 1/4 TL Salz – im Amerikanischen “self-rising flour” ist Salz mit drin – in denen aus UK/AU normalerweise nicht (also darauf achten für welche Rezepte man es verwenden will). Man mischt sich also einfach schon ein paar Cups vor und kann es dann wie in den Rezepten angegeben verwenden. Ich siebe es dann immer noch einmal, auch wenn das nicht im Rezept steht. Bisher bin ich damit immer recht gut gefahren.
Es gibt allerdings ein paar Nachteile bei der Sache ;) Man braucht mehr Platz, weil man ja eine zusätzliche Dose für das Mehl braucht. Man muss auch aufpassen nicht das falsche zu nehmen – also immer gut kennzeichnen. Und der größte Nachteil – dieses Mehl hält nicht so lange wie das normale Mehl. Es wird nicht schneller schlecht, aber das Backpulver verliert nach einiger Zeit seine Wirkung. Wer also nur selten “self-rising flour” in seinen Rezepten hat, sollte sich vielleicht nur das Nötigste mischen.
Das wars auch schon wieder. Fröhliches Backen allerseits!
Nachtrag Nr. 2 (Hinweis von Stephanie):
Ich habe ja weiter oben kurz darauf hingewiesen, dass bei uns in Deutschland nach dem Mineralstoffanteil klassifiziert wird und in anderen Ländern meist nach Proteingehalt. In den Proteinen ist Glutein (sorgt für Elastizität des Teiges) und Gliadin (sorgt für die Dehnbarkeit des Teiges) vorhanden. Beim mischen der Teigzutaten fangen diese Proteine an Glutenketten zu bilden. Mit zunehmender Knetdauer wird dadurch ein Gerüst an “Klebern” aufgebaut. Nur durch diesen sogenannten Kleber (Glutenketten), ist es möglich Kohlendioxid, das durch Backmittel wie Hefe oder Backpulver produziert wird im Teig zu halten und dadurch einen lockeren Teig mit viel Volumen zu schaffen. Der Proteingehalt im Mehl hat daher quasi direkt mit der Qualität des Mehls zu tun, denn je höher der Proteingehalt im Mehl, desto besser die Teigkonsistenz und umso einfacher die Verarbeitung. Alles klar? ;)
Nehmen wir dann mal die Mehle aus Italien, dann haben die “guten” Mehle (wie z.B. das von Rieper) einen Proteingehalt um die 13% und die “nicht so guten” Mehle z.B. aus dem Discounter (ist leider wirklich so) einen Proteingehalt von vielleicht 9,5% und schrammen damit gerade mal so an der Untergrenze des vorgeschriebenen Mindestwerts (für Tipp 00). Ohne jetzt sagen zu wollen “kauft das eine oder das andere” – aber man sollte diese Info auf jeden Fall im Hinterkopf behalten und entscheiden, je nachdem was für Eigenschaften das Mehl für eine bestimmtes Backgut haben sollte :)
Das wars jetzt dann aber…. Fröhliches Backen allerseits!
*Ich deklariere das hier jetzt mal als [Sponsored Post] – die Rieper Mühle war ja so nett und hat mir ein paar der Mehlsorten, die ich für den Beitrag getestet habe zur Verfügung gestellt. Was ich über getestete Produkte schreibe entspricht meiner eigenen Meinung und ist in keiner Weise beeinflusst (oder beeinflussbar) – nur so als Info ;)
Ein wirklich interessanter Post, ich mache mir nämlich regelmässig beim backen Gedanken über Mehl. Was vor allem daran liegt dass ich vor vielen Jahren von Weizen- auf Dinkelmehl umgestiegen bin und mittlerweile fast ausschließliche mit Dinkel backe und die Umrechnung von Weizen auf Dinkel oft etwas tricky ist. Übrigens finde ich gerade die amerikanischen Mehle, allen voran natürlich das self-raising flour sehr interessant (weil ich sehr viele amerikanische Rezepte verwende), denn auch wenn man das ja letztlich selbst mischen kann, bin ich nie ganz sicher wie das tatsächliche Mischungsverhältnis ist. Das wäre doch nen Post wert oder? ;-)
Liebe Grüße,
Kristin
Hallo Kristin.
Erstmal Danke für’s Kompliment – freut mich, wenn der Post vielleicht etwas helfen konnte :)
Hab deinen Hinweis mal mit reingenommen und am Ende etwas ergänzt. Über das “self-rising flour” jetzt nochmal nen neuen Artikel zu schreiben wäre dann doch ein recht kurzer Post geworden ;) – deshalb hier mal kurz erklärt und auch ne Mischung als Vorschlag. Hat bei mir bisher gut funktioniert.
LG
Marc
Sehr spannend! Ich backe ja meistens mit Dinkelmehl, das kommt aber in UK und USA Rezepten meistens nicht vor. Aber eine Übersicht dafür fände ich auch mal spannend.
Ahhhh danke für den Nachtrag!
Ich mische mir mein self-raising-flour immer auch noch mit Natron. Meine Standardmischung ist:
550 g Dinkelmehl 630 (alternativ 500 g Weizenmehl 405) + 4 TL Weinstein-Backpulver + 1 TL Natron + 1 TL Salz.
Liebe Grüße und happy weekend!
Kristin
Ach siehste … den Beitrag wollte ich doch unbedingt noch gelesen haben.
Von Mehl hab ich auch viel zu wenig Ahnung (gehabt), aber besonders deine Übersicht, welches Mehl für was besonders geeignet ist, find ich toll!
Ich backe auch gern süße Sachen mit Vollkornmehl, aber da ist der Geschmack schon ein wenig anders und nicht ganz so zuckersüß. Muss also immer passen …
Den Beitrag speichere ich mir auf jeden Fall als Übersicht ab, danke!
Hallo Marc,
das ist eine ganz wunderbare Übersicht, danke. Ich versuche gerade mithilfe von Onkel Internet herauszufinden wie es mit dänischen Mehlen ist. Falls du es kennst, ich versuche herauszufinden, ob “Ølandshvedemel” das deutsche Type 812 ist. Bisher habe ich noch nicht wirklich eine Antwort finden können.
Grüße, Jenny
Hallo Jenny,
frag mich zu Italienischem, Schweizer oder Österreichischem Mehl – aber Dänisches Mehl? ;)
Tut mir leid, aber da kenn ich mich nicht aus. Frag vielleicht mal Michaela von hernelieb.de – die wohnt ihm hohen Norden und kennt sich beim Thema Dänemark glaube ich ganz gut aus – vielleicht hat sie schon mal mit dem Mehl von dort etwas gemacht.
LG, Marc
Hallöchen!
bei Mehl vom Typ 405 muss man gewaltig aufpassen, da es oft sehr stark verarbeitet wird.
Seit einiger Zeit esse ich nur noch Nussmehle… meine Favoriten sind da Kokosmehl und Mandelmehl.
Viele Grüße
Tolle Übersicht, die für mich endlich etwas mehr Klarheit in den “Mehl-Dschungel”bringt! Danke für die Mühe und den ausführlichen Test!
noch nen Hinweis zu Self Rising Flour: das gibts bei uns im süddeutschen Raum in allen größeren Asia-Läden, Markennamen zB. Phoenix oder Green Dragon. Happy Baking!
Echt? Muss ich mal schauen, ob es das bei uns auch gibt.
Danke für den Hinweis :)
LG Marc
Danke für die Übersicht – sowas hab ich schon lange vermisst!!!
Freut mich :)
LG Marc
Die gleichen Probleme mit Mehl (und anderen Zutaten) hatte ich auch, als ich in die USA übersiedelte und meine deutschen Rezepte benutzen wollte. Ich hatte keine Ahnung, dass Mehle so unterschiedlich sein können. Damals hab ich mir auch eine Vergleichstabelle für meinen Blog zusammengetragen (ebenso eine für Milchprodukte, Eier, Vanille, Maissirup und Hefe).
Kleine Anmerkung: High-Gluten Flour ist ein rein weisses Mehl – kein Schalenanteil. Es wird aus Weizensorten produziert, die einen besonders hohen Proteingehalt (14%) haben.
Ich freue mich immer, einen neuen Blog zu entdecken.
LG aus Maine
Karin